Innovationen sind für Unternehmen ein wichtiger Faktor, um sich im Wettbewerb zu positionieren, neue Absatzchancen zu generieren, Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten. Dabei muss es sich bei Innovationen nicht immer um neue Erfindungen handeln, sondern auch die Verbesserung von Prozessen, die zur effizienteren Nutzung von Ressourcen beitragen oder mehr Kundennähe ermöglichen, gehören dazu. Innovative Unternehmen haben daher weder zwangsläufig einen eigenen Forschungs- und Entwicklungsbereich, noch sind Innovationen zwingend mit hohen Kosten verbunden. Gerade in mittelständischen Unternehmen, so auch zu lesen im KfW-Innovationsbericht Mittelstand 2022, entstehen Innovationen häufig aus dem operativen Tagesgeschäft heraus sowie in Zusammenarbeit mit Kunden und Lieferanten.
Wenn mittelständische Unternehmen überwiegend aus dem operativen Tagesgeschäft heraus Innovationen schaffen, veranschaulicht das sehr eindrücklich, wie wichtig eigenverantwortliche Mitarbeiter und ihre Ideen für das Unternehmen sind. Um diese zu fördern, kommen der Unternehmenskultur und der Art der Zusammenarbeit maßgeblicher Einfluss zu. Denn nur wenn Mitarbeiter Freude und Interesse an ihrer Arbeit sowie an der Resonanz bei Kunden und Partnern haben, bringen sie sich ein und entwickeln neue, bessere oder schlicht einfachere Lösungsansätze.
Eine Unternehmenskultur ist gefragt, die Transparenz über Ziele schafft, die Kompetenzen ihrer Mitglieder schätzt und fördert sowie eigenverantwortliches Handeln ermöglicht.
Transparente Ziele sind notwendig, um den Mitarbeitern Orientierung zu geben. Sie helfen, um wichtig von unwichtig zu unterscheiden, um Effektivität von Maßnahmen und Prozessen zu beurteilen. In der Zusammenarbeit sind Ziele hilfreich, um zu priorisieren und in Konfliktsituationen, bspw. wenn es um die Verwendung knappen Budgets geht, ausgewogene Entscheidungen zu treffen. Auch für Motivation und Engagement der Mitarbeiter ist es förderlich, wenn es ein klares und vor allem bekanntes Wozu gibt.
Wertschätzung und Förderung individueller Kompetenzen sind die Grundlage für Eigenverantwortung und Innovationen. Jede Mitarbeiterin, jeder Mitarbeiter verfügt über individuelle Stärken, Fachkompetenzen und Erfahrungen. Sie sind Basis für gute Arbeitsleistungen und ermöglichen die Weiterentwicklung von Produkten und Prozessen. Für Unternehmen ist es daher erfolgskritisch, die Mitarbeiter nicht nur entsprechend ihrer Kompetenzen einzusetzen, sondern diese auch zu fördern und zu entwickeln. Zu oft wird nur das notwendigste abverlangt, während wertvolle Erfahrungen und Stärken ungenutzt bleiben.
Darauf aufbauend begünstigt die Förderung eigenverantwortlichen Handelns die Identifikation von Mitarbeitern mit ihren Aufgaben sowie dem Unternehmen und bringt sie in Verantwortung. Erst durch die Möglichkeit der Einflussnahme können sie ihr Fachwissen richtig zu Geltung bringen, Verbesserungspotential identifizieren und neue Lösungsvorschläge entwickeln.
Gleichzeitig ist eine (Unternehmens-)Umwelt notwendig, die nicht nur individuelle Leistungen, sondern auch Zusammenarbeit fördert. Was nutzt die kreativste Mitarbeiterin oder Mitarbeiter, wenn es keinen Sparringspartner gibt, mit dem die Idee diskutiert, überprüft und verbessert werden kann? Wenn es keine Diskussionen zwischen Kolleginnen und Kollegen gibt, um Perspektiven der jeweils anderen Aufgabenbereiche einzubringen? Wenn es keine Geschäftsleitung oder Inhaber gibt, die nicht zum Ausprobieren ermutigen und bereit sind, ein Risiko einzugehen? Innovationen sind in einigen, sehr wenigen Fällen eine Einzelleistung. In der Regel entstehen sie in der Zusammenarbeit mit anderen.
Doch was konkret tun, damit eine innovationsfördernde Unternehmenskultur nicht nur ein hohles Stichwort bleibt oder ein Plakat neben der Tür?
1. Konstruktive Diskussionen führen
Grundsätzlich gilt – Unternehmer und Führungskräfte haben eine Vorbildfunktion inne. Soll im Team eine gute Diskussionskultur etabliert werden, ist daher das Handeln der Führungskraft maßgeblich. Werden bei neuen Aufgaben oder Problemen Lösungen direkt vorgegeben? Oder wird nach der Meinung der Mitarbeiter gefragt und um Vorschläge gebeten? Wie wird mit Kritik an der eigenen Meinung umgegangen? Wird diese abgewertet oder werden dazu Fragen gestellt, Erläuterungen und Gründe eingeholt und Bezug dazu genommen? Erst dadurch werden Wertschätzung und das ernsthafte Interesse an Diskussion glaubhaft. Für die Führungskraft bedeutet das also im ersten Schritt Selbstreflektion, zudem kann auch Feedback von Mitarbeitern oder auch ein externer Blick durch Berater bei der Verbesserung der eigenen Diskussionskultur helfen.
Gleichzeitig ist es wichtig, dass im Team Spielregeln zur Diskussion vereinbart sind. Grundregel Nummer ein: ausreden lassen. Dazu zählt, weder abwertende Zwischenrufe und Augenrollen oder ähnliche Mimik zuzulassen noch die vermeintlich bereits verstandene Idee selbst zu Ende auszuführen. Es ist die Aufgabe der Führungskraft, dies direkt zu unterbinden. Gelungene Kommunikation kann nur stattfinden, wenn alle gleich gehört werden.
Eine Möglichkeit dazu kann sein, bei wichtigen Themen alle Mitarbeiter gleichermaßen nach ihrer Meinung zu fragen und diese zu diskutieren. Es ist erstaunlich, wie schnell sich in Teams und Betrieben vermeintliche Sprecher herausentwickeln. Das ist zwar manchmal deutlich einfacher und schneller, um zu einem Ergebnis zu kommen, gleichzeitig werden dadurch viele Potenziale aus unterschiedlicher Erfahrung und Expertise nicht genutzt.
2. Offener und zukunftsgerichteter Umgang mit Fehlern
Auch für einen guten Umgang mit Fehlern hat die Führungskraft eine Vorbildfunktion. Dazu zählt, dass Entscheider offen mit ihren Fehlern und Schwächen in Entscheidungen umgehen und aufzeigen, welche Einfluss diese auf das Ergebnis haben. So kann es sein, dass ein Unternehmer einen Vertrag zwar abgeschlossen, aber nicht gut verhandelt hat, bspw. weil Arbeitsaufwände unvollständig berücksichtigt wurden. Das Signal, das durch Transparenz dazu gesendet wird, ist einfach – Fehler passieren, sie beeinflussen das Geschäft negativ, aber es ist notwendig, damit umgehen zu lernen und das Beste daraus zu machen.
Wichtig dabei ist, nicht nur zu benennen, was falsch gelaufen ist, sondern vielmehr, was das Unternehmen daraus für die Zukunft lernen kann. Wer immer auf der Jagd nach dem Schuldigen ist, sorgt schlimmstenfalls dafür, dass Fehler vertuscht, nichts neues gewagt und keine Lehren für die Zukunft gezogen werden.
Soll also eine innovative Kultur gefördert werden, ist es zielführender auszuwerten, wie es zu dem Fehler kommen konnte und vor allem welche Erkenntnisse für zukünftige Projekte daraus gewonnen werden können. Gerade die Frage nach den Lehren für die Zukunft sorgt für bewusste Reflektion und veränderte Vorgehensweisen beim nächsten Versuch. Dazu zählt auch, das Gute auszuwerten und auf die Zukunft zu übertragen.
3. Innovationsprozess etablieren
Innovationen sind in der Regel nicht das Ergebnis einer zweistündigen Brainstorming-Session, sondern Ergebnis eines längeren Prozesses. Kritisiert ein Mitarbeiter also bspw. einen aufwendigen Prozess, ist es sinnvoll, erstmal nur nach Ansätzen zur Verbesserung zu fragen. Wer sofort die perfekte Lösung erwartet oder den betroffenen Mitarbeiter direkt auffordert, gefälligst eine zu entwickeln, wo sie oder er doch so gut im Thema ist, der unterbindet jegliche Eigeninitiative. Stattdessen sollte die Führungskraft fragen, wer die geeigneten Kompetenzen hat, um das Thema weiterzubearbeiten. Das kann die- oder derjenige sein, der die Idee geäußert hat, das können aber auch andere Kollegen sein. Die Fachkompetenz entscheidet.
Ist die Aufgabe an eine Person oder ein kleines Team übertragen, liegt die Verantwortung auch dort. In regelmäßigen Feedbackrunden (bei kleineren Themen reicht auch eine kurze Vorstellung mit Möglichkeit zu Feedback) geben Anwender und andere Betroffene ihr Feedback. Dabei geht es gerade nicht um ein kreatives Ideen-Ping-Pong, sondern um einen kontinuierlichen Prozess, wie aus einer Idee mit verschiedensten Ausgestaltungsmöglichkeiten das bestmögliche Ergebnis herausgeholt wird.
Eine innovative Unternehmenskultur beruht auf klaren Prinzipien, die tagtäglich gelebt werden.
Die gute Nachricht also lautet, eine innovative, wertschätzende Unternehmenskultur ist kein Hexenwerk. Stattdessen beruht sie auf klaren, transparenten Prinzipien, die im Tagtäglichen gelebt werden. Zum Start kann ein Team-Workshop helfen, um Klarheit zu schaffen und gemeinsame Regeln aufzustellen.
Erfolgskritisch ist allerdings die Umsetzung, denn erst durch das Machen, das tägliche Leben der genannten Prinzipien, ändern sich Gewohnheiten, entsteht Vertrauen und kann sich das Potenzial der Mitarbeiter sowie ihrer Ideen entfalten. Genauso wie bei einem Innovationsprozess sind auch hier Geduld, Ausdauer und regelmäßig Feedback notwendig. Und genau wie bei Innovationen lohnt es sich.
Sie wünschen sich Unterstützung dabei? Ich freu mich auf unser Gespräch!
Der Artikel ist in einer gekürzten Version in Mittelstand: das Unternehmermagazin 01/2024 erschienen.
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